Sunday, July 27, 2014

Hat jemand die 2014er Krimkrise vorausgesagt? (Did Anyone Predict the 2014 Crimean Crisis?)

Klingt wie eine dämliche Frage, hat aber eine gewisse Berechtigung. In einem Artikel vom 26. Dezember 2008(!) sagt ein russischer Politologe namens Andrei Okara voraus, daß die Wallstreet-Berater des (damals noch nicht amtierenden) amerikanischen Präsidenten Obama eine Eingliederung der Ukraine in die westliche Hemisphäre geplant hätten, mit besonderer strategischer Berücksichtigung der Halbinsel Krim. Hier der Artikel in russischer Sprache: 

Обама начнет третью мировую с Крыма (Arseny Palkin)


Mit der Wayback Machine kann das originale Datum bestätigt werden. Leider kursieren nur Google Translator Übersetzungen im Netz, zB. hier. Wäre interessant, wenn jemand eine ordentliche Übersetzung des Textes herstellen könnte.

Eine weitere Voraussage im Text bezieht sich auf das US-amerikanische Vorhaben die Präsenz auf der Krim zu stärken und auszubauen, u.a. mit einer Art US-Konsulat. Tatsächlich gab es solche Bestrebungen, die schon 2009 diskutiert wurden: Ukraine's Crimean parliament speaker opposes US embassy office in Simferopol.

Stellt sich die naheliegende Frage: Haben die Russen deshalb so schnell, wohlorganisiert und reibungslos mit der Annexion der Krim reagiert, weil sie schon lange im voraus wussten/ahnten, was gewisse westliche Mächte und Organisationen in ihrer Wiederbelebung des Traumes vom "Lebensraum im Osten" planten?


Wednesday, January 15, 2014

Deutschland: eine kleine Provinz im großen amerikanischen Empire ...


Von den nationalen und internationalen Medien marginalisierte Fakten wie in:


erwähnt, zeugen von der Lächerlich- und Müßigkeit der anhaltenden Diskussion über die beruflichen Tätigkeiten der NSA in Deutschland (und sonstwo im Empire).

Wednesday, December 26, 2012

US Foreign Policy in a Nutshell


The president of the United States, who put the essence of his country's foreign policy in a nutshell


"If we see that Germany is winning the war, we ought to help Russia, and if Russia is winning, we ought to help Germany, and that way let them kill as many as possible. . ."
Harry S. Truman, 1941


5 Dollar (Harry S. Truman)
see  www.colnect.com

died on December 26, 40 years ago. To the honor of this war criminal, the Republic of Liberia, released a 5-Dollar coin. Liberia was founded by repatriated black American slaves who established an apartheid state in order to suppress and exploit the manpower of the local black population - in a similar manner as they had experienced slavery in the US previously.

5 Dollar (Harry S. Truman)
www.colnect.com

Sunday, December 23, 2012

Da bleibt einem das Gehirn stehn ...


Man kann den christlichen Kirchen ja vieles vorwerfen, aber falls ein Priester einmal Frieden von der Kanzel predigen sollte, ihn dann auch noch zur Zurückhaltung aufzufordern wie küzlich der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich, da bleibt einem das Gehirn stehn! Und noch dazu wenn es um den völlig destruktiven Einsatz in Afghanistan geht, und um die noch absurdere "Verteidigung Deutschlands am Hindukush".

Der Spiegel Online berichtet:

"Die Politik müsse mit einer Vielzahl von immer neuen Konflikten umgehen, deren Lösungen nicht immer klar seien. In den Kirchen machten es sich "manche zu einfach, zum Beispiel bei Fragen um Krieg und Frieden", bemängelte der Innenminister. So seien etwa die Forderungen aus der Kirche, sich aus dem Afghanistan-Krieg herauszuhalten, "völlig falsch" gewesen."

Dem Typ ist einfach nicht mehr zu helfen. (Wahrscheinlich sucht er in Afghanistan noch immer die "Drahtzieher von 9/11".)

Und wenn sich Dein Gehirn schon in Schockstarre befindet, setzt der gläubige Christ und Innenminister (!) noch einen drauf:

"Ich habe ein grundsätzliches Gottvertrauen. Ich glaube, dass am Ende alles so sein wird, wie Gott es vorsieht."

Jup, Deutschland als Vollstrecker göttlichen Willens ...


Siehe auch:

Die Weihnachtslegende (1)


Was werde ich meiner Tochter, wenn sie älter sein wird, über das christliche Weihnachtsfest erzählen?

Kein Zweifel: Weihnachten ist ein Kinderfänger! Aber unabhängig davon, ob das Fest nun an gesetzliche Feiertage geknüpft ist - die berufstätige Erwachsene nicht gerne aufgeben möchten, oder welche Gewinne der alljährliche adventliche Konsumrausch dem Handel bringen mag, könnten wir Weihnachten nicht durch etwas Wahrhaftigeres ersetzen? Und stimmt es wirklich, daß man Kindern etwas nehmen würde, wenn man die Krippenspiele, die Adventkränze, die lustigen Weihnachtsspecials von TV-Serien oder die gemeinsamen Familienbesuche der zahlreichen Adventmärkte einfach streicht? Ich denke, es kommt darauf an, wie man es ihnen nimmt, und was man den Kindern im Gegenzug dazu anbieten kann: wie wär's mit der Wahrheit? Denn die allermeisten Elemente des Weihnachtsbrauches sind von den Christen zusammengestohlen worden, nämlich aus dem reichen Fundus früherer Kulte, besonders aber der traditionellen Wintersonnwendfeiern, die lange vor dem Christentum in den verschiedensten Regionen der Welt gefeiert worden waren, nicht nur im nahen Osten. Der Eklektizismus oder Sykretismus, den Christen so gerne anderen Kulten vorgeworfen haben, trifft vor allem hinsichtlich der Weihnachtslegende auf sie selbst am meisten zu. Viele diese Elemente würden fortbestehen, auch wenn man das spezifisch Christliche an Weihnachten unter den Tisch fallen ließe. Adventkränze und dekorierte Bäume etwa gab es in Nordeuropa lange bevor dort die ersten Missionare erschienen.  

Wie auch immer, ich werde es genießen, meiner Tochter die Wahrheit über das "Christkind" und den "Weihnachtsmann" näher zu bringen, denn diese ist überaus spannend und lehrreich und sie wird sich dabei sicher nicht langweilen. Und diese Wahrheit bzw. diese Annäherung an die historische Wahrheit ist Kindern zumutbar, insofern man sie auf interessante und kurzweilige Art zum kritischen Denken anregt. Die Beschäftigung mit der Weihnachtslegende lehrt viel über die Geschichte des Menschen, über fromme Lügen und den unglaublichen propagandistischen Erfolg des Christentums, der bis heute andauert.

Sehen wir uns zu diesem Zweck einmal an, was Karlheinz Deschner, der Autor der "Kriminalgeschichte des Christentums", zur Entstehung der Weihnachtslegende zu erzählen hat. Er bringt im Abschnitt "Die Entstehung des Weihnachtsfestes" seines 1962 erschienen "Abermals krähte der Hahn" (Kap. 11) die Ursprünge des christlichen Weihnachten in Zusammenhang mit Kulten und Traditionen verschiedenster Herkunft (ein Thema, das erst kürzlich wieder in "Zeitgeist I" amüsant aufgegriffen wurde).




"Der Geburtstag des Mithras, der dies natalis solis, war der 25. Dezember, heute bekanntlich der Geburtstag Christi. Die Urchristenheit allerdings feierte nur ein Fest, das Passah, und bis ins 4. Jahrhundert blieben Ostern und Pfingsten die einzigen allgemeinen Feste der Kirche. Anscheinend erinnerte man sich damals noch, dass Jesus nicht gepredigt hatte: setzt Feiertage ein!
Der Geburtstag Christi wurde lange nicht begangen und dann höchst verschieden bestimmt. Steht doch nicht einmal das Jahr der Geburt fest, die Historizität des Herrn vorausgesetzt. Als sein Geburtstag galt um 200, nach Clemens von Alexandrien, den einen der 19. April, den anderen der 20. Mai, während Clemens selbst den 17. November für das richtige Datum hielt.
Das Weihnachtsfest ist im 2. Jahrhundert in Ägypten aufgekommen und dort am 6. Januar (11. Tybi) gefeiert worden, dem Geburtstag des Gottes Aion oder Osiris.
Erst im Jahre 353 hat die Kirche den Geburtstag Christi auf den 25. Dezember, den Geburtstag des Mithras, des unbesiegbaren Sonnengottes verlegt, um diesen aus dem Volksbewusstsein zu verdrängen. Die Adventzeit als Vorfeier des Weihnachtsfestes kam sogar erst im 6. Jahrhundert auf.
Das neue kirchliche Fest wurde um so rascher beliebt, als es nur die Umgestaltung des heidnischen Sonnwendfestes war, der Aionfeier - eine mythische Darstellung der Geburt der neuen Sonne.
Vom 24. auf 25. Dezember versammelten sich dabei die Mysten in einem unterirdischen Adyton, um gegen Mitternacht die Einweihungsriten zu vollziehen. In der Morgendämmerung verließen dann die Gläubigen in einer Prozession den Kultort, wobei sie die Statuette eines Kindes als Symbol des eben von der Jungfrau, der Dea Caelestis, geborenen Sonnengottes mit sich führten. Sobald die Sonne aufging, stimmten sie die liturgische Formel an: „Die Jungfrau hat geboren, zu nimmt das Licht." Aber auch folgende Wendung ist überliefert: „Der große König, der Wohltäter Osiris ist geboren". Bei der Geburt des Gottes soll sogar eine Stimme aus der Höhe erschollen sein:
„Der Herr des Alls tritt ans Licht hervor".
 Bei Lukas spricht der Engel: „Heute wurde euch der Heiland geboren".
Die christliche Weihnachtserzählung ist uns allen so vertraut, dass viele glauben, sie stünde in allen Evangelien. Sie steht aber nur bei Lukas. Und Lukas hat sie aus alttestamentarischem und mehr noch aus paganem Gut herausgesponnen. Wie stark gerade der heidnische Einfluss in der lukanischen Legende ist, wurde erst unlängst von der theologischen Forschung wieder gezeigt:
1. Die leicht sentimentale Schilderung der reisenden Mutter, die keinen Platz findet, ihr Kind zu gebären. Hier denkt jeder griechische Leser an die Mutter Apolls, die auch keine Stätte fand, und die die Dichter ähnlich schildern. 
 
2. Wie das Zeuskind bei Kallimachos in Windeln gewickelt wird und das Dionysoskind in einer Getreideschwinge liegt, so liegt bei Lukas das in Windeln gewickelte Jesuskind in einer Krippe. 
 
3. Die bukolische Hirtenerzählung wird ganz ähnlich bei der Geburt des Kyros und des Romulus überliefert, wohl auch in Mithraskindheitsgeschichten. Mit alttestamentlichen Hirtengeschichten hat sie nichts zu tun, da diesen das Wesentliche, die Begrüßung des göttlichen Kindes, fehlt. 
 
4. Die Lichterscheinung in der Nacht gehört in die Stimmung der Mysterien. "Mitten in der Nacht sah ich die Sonne strahlend im leuchtenden Licht", heißt es von der Isisweihe. 
 
5. Aus den Mysterienfeiern stammt der Ruf: "Euch ist heute der Heiland geboren." In Eleusis lautet der Jubelruf der Hierophanten: "Einen heiligen Knaben gebar die Herrin", bei der hiervon abhängigen alexandrinischen Aionfeier: "ln dieser Stunde, heute, gebar die Jungfrau den Aion", und: "Die Jungfrau hat geboren, das Licht geht auf." 
Bei Osiris heißt der Ruf: "Der Herr aller Dinge geht ans Licht hervor ... ein großer König und Wohltäter, Osiris, ist geboren", und im Herrscherkult: "Ein König ist euch geboren ... und er nannte ihn Charilaos, weil alle sehr froh wurden."
 
6. Aus der Herrscherfrömmigkeit stammen die Ausdrücke: "große Freude verkündigen", "Heiland", "allem Volke".
 
7. Die Verkündigung der großen Freude bei der Heilandsgeburt ist ein religionsgeschichtliches Motiv, von dem wir nur nicht wissen, ob es im Lachen der Himmel und Welten bei der Buddhageburt oder im kosmischen Zarathustrajubel oder ob nicht beides erst im Hellenismus seine Wurzel hat. Vielleicht darf man bei Lukas die gleiche hellenistische Quelle voraussetzen wie in der 4. Ekloge Vergils. 
 
8. Die himmlischen Heere entstammen bei Lukas alttestamentlichen Vorstellungen, erinnern aber auch an die als Soldaten gekleideten Kureten und Korybanten um die Wiege des Zeus oder an die den jungen Dionysos umgebenden Heerscharen.
Solche Aion- und Geburtsvorstellungen, wie sie in den Evangelien wiederkehren, waren der vorchristlichen Welt also wohlvertraut. Das bezeugen auch die vielbesprochenen „Religionsgespräche am Hofe der Sassaniden": „Herrin, sprach eine Stimme, der große Helios hat mich abgesandt zu dir als Verkünder der Zeugung, die er an dir vollzieht ... Mutter wirst du ... eines Kindleins, dessen Name ist "Anfang und Ende".
Auch die berühmte, 40 v. Chr. entstandene vierte Ekloge Vergils verheißt die Geburt eines Knaben, der vom Himmel auf die Erde gesandt werden und ihr den ersehnten Frieden bringen soll." „Gekommen ist die Endzeit", liest man in dem Gedicht. „Schon hat Apollo seine Königsherrschaft angetreten ... Ein Sohn des höchsten Gottes wird geboren".
Entsprechend schreibt Paulus: „Als aber die Erfüllung der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn". Oder das Markusevangelium: „Erfüllt ist die Zeit und das Königreich Gottes nahe herbeigekommen"." Karlheinz Deschner, Abermals krähte der Hahn, 5. Aufl., btb-Verlag, München, 1996, S.91f; auf die zahlreichen Fußnoten und Querverweise in Deschners Original wurde hier verzichtet.


Auch interessant: Deschner's nicht gegebenes Interview zum Thema "Missbrauch in der Kirche"








Thursday, December 6, 2012

Tax Avoidance ...


is really hard work, you know! If you're clever enough and you invest your money in the skills of shrewed accountants, crafty lawyers, pay some extra cash to smart financial advisors, bankers and stock exchange traders, you will finally push up your tax avoidance revenues to the max, totally within the law. So why would you complain about that? Don't be stupid! You should do it, too!

"For the 400 U.S. taxpayers with the highest adjusted gross income, the effective federal income tax rate—what they actually pay—fell from almost 30 percent in 1995 to just over 18 percent in 2008, according to the Internal Revenue Service. And for the approximately 1.4 million people who make up the top 1 percent of taxpayers, the effective federal income tax rate dropped from 29 percent to 23 percent in 2008. It may seem too fantastic to be true, but the top 400 end up paying a lower rate than the next 1,399,600 or so.
That’s not just good luck. It’s often the result of hard work, as suggested by some of the strategies ..." (see "How to Pay No Taxes: 10 Strategies Used by the Rich")



See also: Britain's missing billions: counting the true cost of corporate tax avoidance


Monday, December 3, 2012

Merkel und die EU-USA Freihandelszone (TAFTA)


Dirk Müller - im deutschsprachigen Raum kennt man ihn unter seinem Spitznamen "Mr. Dax" - wärmte vor ein paar Jahren wieder einmal eine alte Idee auf, die seiner Meinung nach zu faireren Wettkampfbedingungen für die westliche Staaten im großen Monopoly der Globalisierung führen sollte, nämlich die Etablierung einer Freihandelszone zwischen der EU und den USA. Billigproduzenten wie China und India, die nicht "unsere Werte" teilten, sollten auf diese Weise der Vorteil des günstigen Produktionsstandorts genommen, und gleichzeitig den westliche Staaten zurückgegeben werden. Unter "unseren Werten" versteht der Mann  "sozialen Errungenschaften", die sich direkt oder indirekt auf die Produktions- und Lohnnebenkosten niederschlagen. Nun, könnte eine transatlantische Freihandelszone (TAFTA) wirklich helfen, und wenn ja, wem?
"Wir bauen um unser gemeinsames Wertesystem eine Zollmauer auf. Innerhalb des Systems befinden sich all die Länder, mit denen wir zumindest annähernd die gleichen Werte und Spielregeln teilen. Die Kontrollpunkte sind die Häfen und Flughäfen. Die Länder außerhalb dürfen dennoch selbstverständlich ihre Produkte innerhalb der Freihandelszone verkaufen, aber mit Aufschlag. Die Kosten für den Umweltschutz, der in der deutschen Waschmaschine eingebaut ist und in der asiatischen fehlt, werden als Zoll draufgeschlagen. Vielleicht 15 Prozent. Kinderarbeit eingebaut? 20 Prozent! Fehlende Arbeitsschutzrichtlinien für die Arbeiter ? 7 Prozent! So wäre ein Kampf mit gleichen Waffen geschaffen. Natürlich gäbe es einen Sturm der Entrüstung bei den internationalen Konzernen. Die Waschmaschinen in Deutschland würden teurer werden. Aber vielleicht würde es sich für einen Mittelständler in Schwaben wieder lohnen, eine Waschmaschinenfabrik zu eröffnen. Mehrere tausend Arbeiter würden eingestellt. Steuern, Löhne, Sozialabgaben würden fließen, und so weiter, und so weiter. Die Unternehmen innerhalb der Freihandelszone stünden dann immer noch in Konkurrenz zueinander, aber unter gleichen Bedingungen. Man ist Konkurrent, aber auch Partner. Alle Unternehmen müssen Löhne bezahlen, von denen die Menschen auch leben können. Es herrscht ein gesellschaftlicher Konsens, dass Kinder Kinder sind und keine billigen Sklaven.
Klingt verrückt?! Vielleicht. Aber immerhin so vernünftig, daß unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel schon seit Jahren hinter den Kulissen genau diesen Plan einer europäisch-amerikanischen Freihandelszone verfolgt." Dirk Müller [2010], S. 238

Müllers Bemerkung über Merkel mag so manchen überrascht haben, ist aber wahr und kein Geheimnis. Seit dem 22. November 2005 ist Angela Merkel die Bundeskanzlerin Deutschlands, einem Land, indem die Schere zwischen Arm und Reich im übrigen ähnlich weit auseinander geht, wie anderswo auf der Welt (In Deutschlands Städten wächst die Armut) und dessen Regierung ihre Statistiken schonunsglos und ungestraft schönfärbt, wie auch anderwso  (Bundesregierung schönt Armutsbericht). "Lobby-Merkel" steht zwar Putins Gegenvorschlag einer Freihandelszone von Wladiwostok bis Lissabon eher negativ gegenüber, nicht aber, was die Amerikaner betrifft. Hier eine kleine Auswahl der Merkel'schen Erwähnungen bezüglich EU-USA Freihandelszone seit Amtsantritt:

2006
"Ich halte die Idee für faszinierend." Ein transatlantischer Bund, der rund 60 Prozent des heutigen Weltsozialprodukts innerhalb seiner Grenzen vereinen würde, sei nicht gegen andere Weltregionen gerichtet, diene allerdings sehr wohl "der Bündelung gemeinsamer Interessen"

2007
n-TV: Merkel wirbt für TAFTA
Die Zeit Online: Auf ein altes Pferd gesetzt
"Wir haben in Europa Erfahrungen mit einem gemeinsamen Binnenmarkt, die wir transatlantisch nutzen können [..] Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht immer weiter voneinander entfernen, sondern uns annähern, wo es für beide Seiten Vorteile bietet [...] Es ergibt doch zum Beispiel viele Reibungsverluste, wenn das Patentrecht in Amerika anders aufgebaut ist als in Europa." Beim kommenden EU/USA-Gipfel im April wolle sie über eine engere Zusammenarbeit auf ökonomischem Gebiet reden, kündigte Merkel an. "Das ist für mich von strategischer Bedeutung. Unsere Wirtschaftssysteme haben eine gemeinsame Wertegrundlage", fügte Merkel in dem Interview hinzu, das auch in der Londoner "Financial Times" erscheint. Die USA wie auch die EU stünden in "sehr hartem Wettbewerb" mit den asiatischen und künftig auch mit den lateinamerikanischen Märkten, sagte Merkel. Es komme darauf an, die Kräfte zu bündeln und bestimmte gemeinsame Interessen, wie den Schutz des geistigen Eigentums, auch gemeinsam international durchzusetzen."

2008-2011
Aus diesem Zeitraum konnte ich keine Äußerung Merkels finden. Aufgrund der Pleite der amerikanischen Investment Bank Lehman Brothers und des Zusammenbruchs des spekulativ aufgeblähten US-Immobilienmarkts und seiner globalen Folgen wäre im selbigen Zeitraum die Erwähnung einer Freihandelszone mit einem offensichtlich maroden Partner beim deutschen Wahlpublikum wohl eher schlecht angekommen. Vielleicht war Frau Merkel auch mit der Sicherung der Gelder deutscher Investoren in Griechenland zu sehr beschäftigt.


2012
(siehe auch Der Standard)

""Wir werden gerade jetzt nach der amerikanischen Wahl noch einmal versuchen, ob wir nicht die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen vereinfachen können, Freihandel treiben können zwischen Amerika und Europa", sagte Merkel. Davon würden beide Seiten profitieren. Hintergrund der neuen Offensive in der Bundesregierung ist eine gewisse Enttäuschung, dass sich Obama in seiner ersten Amtszeit nicht ausreichend um das Thema gekümmert hatte. Allerdings gibt es auch zwischen den EU-Staaten unterschiedliche Ansichten, wer von einem Freihandelsabkommen profitieren würde. Frankreich etwa fürchtet mehr Konkurrenz im Agrarsektor."

Ich persönlich glaube, daß Merkels Art und Weise mit vielen Worten nichts zu sagen schon immer die Deutschen günstig gestimmt hat, ihr Glauben zu schenken. Nicht daß dies für Politiker ungewöhnlich wäre, aber die deutsche Kanzlerin hat diese Kunst schon zu einer seltenen Blüte getrieben. Ihr Schweigen, das nur unterbrochen wird durch ihre dezente Phrasendrescherei, bildet die Leinwand, auf die der deutsche Bundesbürger alles das projizieren kann, was er sich von einer starken Volksmutti in unsicheren Zeiten zu erwarten wünscht. (Daß es darüber hinaus noch eine Art stillschweigender Übereinkunft in der deutschen Presse zu geben scheint, Merkel nicht ernsthaft zu kritisieren, trägt zu dieser Rollenbildung bei (vgl. meine irrige und vorschnelle Vermutung im Fall Timoshenko: Merkel ist schon Vergangenheit).
Daß die Frau sich allzuviel um die Kosten für Umwelt-, Kinder- oder Mutterschutz, Konsumenten- oder Arbeitnehmerschutz sorgte, halte ich für ein Gerücht. Ihre bisherige innenpolitische Tätigkeit bestätigt eher das Gegenteil. Ich denke, daß eine schleichende Beseitigung dieser "unserer Werte" in Deutschland  im Gange ist.  Mr. Dax träumt hier ein bißchen, wenn er ausgerechnet Merkel die Absicht unterstellt mit Hilfe des Freihandels "unsere Werte" retten zu wollen. Tatsächlich geht es den deutschen "Exportweltmeistern" wohl weit mehr um einen noch uneingeschränkteren Zugang zum amerikanischen Markt, als er ohnehin auf Basis der WTO und anderer Wirtschaftsabkommen schon existiert. Der EU-Handelskommissar Karel De Gucht spricht hier Klartext: 

2011
EU verlangt offenere Märkte von USA
"Wenn sie wirklich über ein ehrgeiziges neues transatlantisches Handelsabkommen reden wollen, müssen sie mir die Frage beantworten, warum sie ihren Markt nicht öffnen", sagte der Kommissar. Der europäische Markt sei zu 90 Prozent für fremde Unternehmen zugänglich, der US-Markt hingegen nur zu rund einem Drittel. "Wir bitten nur um eines: Gebt unseren Unternehmen eine faire Chance" , sagte De Gucht. "Wir bitten nicht um eine bevorzugte Behandlung, aber wir wollen offene Märkte." 
Weiters geht De Gucht auf "zollfreie Handelshemmnisse" ein, die also mit einer reinen Freihandelszone auch nicht gelöst werden können. (Die Probleme liegen woanders).
"Der Abbau von Zöllen zwischen den USA und der EU ist De Gucht zufolge zwar wichtig. Er hält es aber für bedeutender, nichttarifliche Handelshemnisse zu beseitigen. "Wenn wir nur die Hälfte der zollfremden Handelshemnisse aus dem Weg räumen, wäre das wirtschaftliche Ergebnis enorm", sagte er. Es werde unterschätzt, wie schwierig Fortschritt hier sei. Im US-Automobilsektor etwa gebe es eine Menge Regulierungen. Im Gegenzug könne Europa mit harten Forderungen der US-Seite rechnen. "Wir können davon ausgehen, dass zum Beispiel neue Debatten über Hormone und das Klonen aufkommen, da gibt es eine ganze Reihe saftiger Themen", sagte De Gucht. "All diese Handelshemnisse sind in der Tradition verankert, in der Kultur, in Überzeugungen - und in der natürlichen Tendenz, sich selbst zu schützen.""

Insgesamt denke ich, daß es keinen Grund gibt anzunehmen, daß mit einer Freihandelszone mit den USA soziale Errungenschaften in Europa geschützt werden könnten. Wer wirtschaftspolitische Diskussionen in den US-amerikanischen right-wing Media kennt, der muss das Gegenteil erwarten: alles was aus Europa kommt ist entweder sozialistisch, kommunistisch oder schwul - sogar Fußball. Europäische Krankenversicherungssysteme sind sozialistisch und damit gefährlich. Euthanasie ist die Angst alter Menschen in Holland, die Ketten um den Hals mit der Aufschrift "Don't euthanize me" tragen (Kein Witz!!!) Die jahrzehntelange antikommunistische Propaganda tut ihre Wirkung noch heute.
Und wenn doch (unrealistischerweise) eine TAFTA zustandekäme und die Unternehmen tatsächlich in direkter Konkurrenz stehen würden, wie Müller im Eingangszitat meint, dann käme recht schnell die Frage nach den Wettbewerbsbedingungen auf den Tisch. Ja kann man sich dann die "sozialen Errungenschaften" der Europäer noch leisten? Fünf Wochen haben diese Deutschen Urlaub, die fleißigen Amerikaner nur zwei. Wie lange wird es dauern, bis sich "Hire & Fire" (willkürliche Anstellungen und Entlassungen) auch hierzulande durchsetzt - man muß doch nach denselben Regeln spielen! Das ist dann die Frage: nach welchen Regeln? Wollen wir in Deutschland oder in Österreich (mit seiner "Sozialpartnerschaft") amerikanische Verhältnisse? 

Mag schon sein, daß die amerikanischen "Werte" den europäischen ähnlicher sind, als die letzteren den chinesischen oder indischen "Werten". Identisch sind sie allerdings auch nicht. Und über die Gewinner einer solchen Freihandelszone, da kann man lange diskutieren. Mr. Dax jedenfalls ist überzeugt, daß die großen internationalen Konzerne die Verlierer wären, und sie sich deshalb der guten Kanzlerin entgegenstellen:
"Wenn da nicht die Lobby der internationalen Industrie und des großen Geldes wäre, die einer solchen Idee natürlich gegenübersteht wie der Teufel dem Weihwasser. Denn dann könnte man ja plötzlich nicht mehr die Arbeiter Europas gegen die Arbeiter Asiens ausspielen, und diese wunderbaren „Ausgleichs“-Geschäfte, dass man in Asien billig produziert und in Deutschland teuer verkauft, gingen auch nicht mehr. (Ein besonders krasses Beispiel dafür ist die amerikanische Supermarktkette Wal-Mart: Von ihren 6000 Lieferanten kommen 5000 aus Asien.) Doch leider ist es so, dass die Lobby der Industrie und des Geldes bestimmt, was in Europa und Amerika entschieden wird und was nicht. Nicht das Wohl des Volkes, sondern das Wohl der Mächtigen steht im Vordergrund. Wenn nur die Wahlen nicht immer wären. Dann müsste man der Bevölkerung nicht ständig mit allen möglichen Tricks die Entscheidungen schmackhaft machen und könnte viel freier agieren. So aber muss man den Menschen eben langwierig eintrichtern: „Globalisierung ist gut! Globalisierung ist gut! Globalisierung ist gut!“" Dirk Müller [2010], S. 239.
Im allgemeinen kann natürlich gesagt werden, daß international aufgestellte Unternehmen vom Wegfallen von Zollbeschränkungen ungemein profitieren. Aber der Großteil des deutschen Mittelstandes wird das nicht. Dazu kommt noch, daß jedes bilaterale Abkommen mit einem anderen billig produzierenden Staat natürlich durch die TAFTA nicht verhindert werden würde. Und schon können deutsche Hersteller schon wieder günstig woanders produzieren lassen (mit Kinderarbeit natürlich) aber diesmal in Deutschland UND den USA teuer verkaufen. Fazit: eine Freihandelszone schützt die eigenen "sozialen Errungenschaften" nicht, aber sie schafft hervorragende Profitmöglichkeiten für multinationale Konzerne und Banken (siehe unten).

Wirtschaftssysteme zu vergleichen ist oft schwierig. Aber werfen wir einmal einen kurzen Blick auf die NAFTA, der Freihandelszone zwischen Kanada, den USA und Mexiko, in Kraft getreten 1994. Wie sah es 10 Jahre später aus für Mexiko? Laut Joseph Stiglitz, wies Mexiko ein schwaches durchschnittliches jährliches pro Kopf Wachstum von 1% auf (im Vergleich dazu Südkorea im selben Zeitraum trotz Asienkrise 4,3% und China gar 7%). Die Hoffnungen auf eine Verminderung der Einkommensunterschiede zwischen den USA und ihren südlichen Nachbarn waren - wie überraschend - vergeblich. Ganz im Gegenteil, in 10 Jahren NAFTA wuchsen sie um 10,3%!!! Die Reallöhne mexikanischer Arbeiter fielen um 0,2% jährlich.  Interessant auch: Alle größeren mexikanischen Banken wurden von ausländischen Banken geschluckt (mit einer Ausnahme). NAFTA machte Mexiko zu einem ausgezeichneten Billiglieferanten für US-amerikanische Firmen, verhalf aber nicht zu einer eigenständigen Wirtschaft (Siehe Stiglitz: The Broken Promise of Nafta).

Fazit: Europäische Länder werden entweder mit den USA nicht mithalten können, die sich gerade mittels Freihandel andere Länder als Billigproduzenten halten, oder sie werden es den USA gleichtun.



update 04-12-2012
Spiegel Online: "Phrasomat": Bauen Sie sich Ihre Merkel-Rede!